Inkontinenz

Blasenleiden - typisch weiblich?

Blasenerkrankungen werden oft als "Frauenkrankheiten" angesehen.

Denn anatomische, hormonelle und psychosomatische Ursachen sind dafür verantwortlich, dass Harnwegsinfekte, Reizblase, Blasensenkung und Harninkontinenz (Unvermögen, Harn zurückzuhalten) bei Frauen viel häufiger auftreten als bei Männern.

Während akute Infektionen der Harnwege normalerweise rasch und komplikationslos abheilen, stellt sich die Harninkontinenz oft einen jahrelangen Leidensweg für die Betroffenen dar. Mit den neuen Behandlungsmethoden kann heute in den meisten Fällen auch diesen Patientinnen geholfen werden.

 Während Männern im Allgemeinen erst im fortgeschrittenen Alter unter Zystitidien (Harnblassenentzündung) und Inkontinenzbeschwerden als Folge von Prostataerkrankungen leiden, werden Frauen von Jugend an mit verschiedenen Blasenbeschwerden konfrontiert.

So erkrankt jede zweite Frau mindestens einmal in Ihrem Leben an einer Zystitis; je fünfte sogar mehrmals jährlich. Ähnlich hoch sind die Angaben für die Prävalenz der Harninkontinenz (30%-60%), die keineswegs nur eine Erkrankung der postmenopausalen (die Zeit nach Ausbleiben der Regelblutung) Frau ist. Einer multinationalen Studie zufolge leiden zwei von fünf Frauen im Alter zwischen 35 und 54 Jahren an einer Stressinkontinenz. Das sind fast genauso viele wie in der Altersgruppe über 55 Jahre.

Akute Zystitis (Entzündung der Harnblasse) - Mobile Bakterien machen krank

Die akute Zystitis ist fast immer die Folge einer bakteriellen Infektion. Dass sie gerade bei Frauen so häufig auftritt, liegt ab der weiblichen Anatomie.

Frauen haben eine wesentlich kürzere Harnröhre als Männer, die sich in enger Nachbarschaft zum Anal- und Genitalbereich befindet. Keime aus der Fäkal- oder Vaginalflora können deshalb leicht einwandern und in die Blase aufsteigen.

Tatsächlich ist in der Mehrzahl der Fälle(80%-90%) Escherichia coli der auslösende Keim; ebenfalls häufige Zystitiserreger sind Proteus, Entero- und Staphylokoken sowie Chlamydien, die bei jungen Frauen zunehmend zu Infektionen führen.

Im Normalfall sorgt der durchfließende Urin dafür, dass eventuell aufsteigende Bakterien ausgeschwemmt werden und die Harnwege keimfrei bleiben. Verringert sich die Urinmenge aufgrund von geringen Trinkmengen, oder verursachen Abflusshindernisse (z.B. Nierensteine) einen Harnstau, kann das eine Infektion begünstigen.

Besonders groß ist das Risiko eines Harnwegsinfekts in der Schwangerschaft, da die Durchflussgeschwindigkeit des Urins in den letzten Schwangerschaftsmonaten erheblich abnimmt. Auch die Ratschläge unserer Mütter, nicht auf kalten Steinen zu sitzen, die Nieren warm zu halten und kalte Füße zu meiden, sind gar nicht so dumm. Denn Unterkühlung gilt ebenfalls als potenter Wegbereiter einer Blasenentzündung. Man spricht in diesem Fall von einer "Kaltfußzystitis".

Bei manchen Frauen treten immer wider Harnwegsinfekte im Anschluss an den Geschlechtsverkehr auf. Diese sogenannte "Honeymoon-Zystitis" kann viele Ursachen haben. Psychosomatische Gründe, wie ein unterschwelliger Partnerschafts-Konflikt oder emotionaler Stress, werden ebenso diskutiert wie Infektion durch "fremde" Bakterien des Partners oder Störungen der natürlichen Abwehrmechanismen durch Verhütungsmittel.

Grundsätzlich kann jeder Fremdkörper, vor allem der Blasenkatheter, die normale Bakterienflora der Harnwege so stark stören, dass einwandernde Keime ein leichtes Spiel haben.

In jüngster Zeit werden bei gehäuft auftretenden Harnweginfekten auch genetische Ursachen diskutiert: Damit die eingedrungenen Bakterien nicht vom Harn weggespült werden, brauchen sie spezielle Haftmechanismen, sogenannte Fimbrien, mit denen sie sich in der Schleimhaut des Harntrakts festhalten können. Manche Menschen besitzen in ihrem Harnwegsepithel Glykolipid-Rezeptoren, die es dem Fimbrien der E. coli-Bakterien besonders leicht machen, haften zu bleiben.

Diagnose und Behandlung der Zystitis

Ständiger Harndrang, Brennen beim Wasserlassen und krampfartige Schmerzen im Unterbauch sind die charakteristischen Symptome einer akuten Blasenentzündung.

Der Urin ist trüb, in 30 % der Fälle auch blutig. Er hat einen charakteristischen "fauligen" Geruch. Bei der Laboruntersuchung des Mittelstrahlurins werden große Mengen an Leukozyten und Bakterien gefunden, außerdem Schleim, abgestorbene Zellreste und Erythrozyten. Um eine akute bakterielle Entzündung handelt es sich, wenn mehr als 100.000 Bakterien pro Milliliter Urin vorhanden sind. Zur Bestimmung des Erregertyps ist eine Bakterienkultur notwendig. Sie kann mit einer Resistenzbestimmung verknüpft werden.

Als Alarmzeichen muss das Auftreten von Fieber, Schüttelfrost und starken Rückenschmerzen, die in der Leistengegend ausstrahlen, gewertet werden. In diesem Fall hat sich die Infektion auf andere Organe, wie Nieren oder Prostata, ausgebreitet. Es ist zu einer Nierenbeckenentzündung oder Prostatitis (Entzündung der Prostata) gekommen. Bei diesen Patienten müssen auf jeden Fall Antibiotika zur Therapie eingesetzt werden.

Für die Behandlung der unkomplizierten Blasenentzündung stehen eine Reihe naturheilkundlicher Therapiemaßnahmen zur Verfügung. Sie zielen vor allem auf eine intensive Durchspülung des Harntrakts und eine Desinfektion des Urins ab.

Um eine gute Spülung zu erreichen, sollte die tägliche Trinkmenge zwei bis drei Liter betragen. Besonders geeignet sind Teemischungen, die Birkenblätter, Goldrutenkraut enthalten, da diese die Harnbildung anregen. Bärentraubenblätter sind seit alters her als Harnantiseptikum (keimtötendes Mittel) bekannt. Sie werden deshalb auch Harn- oder Blasenkraut genannt. Ihr Hauptwirkstoff, das Arbutin, desinfiziert die Harnwege und verhindert das Anhaften der Bakterien. Da der hohe Gerbstoffgehalt des Bärentraubenblätterextrakts zu Reizungen des der Magenschleimhaut führen kann, werden Dragees im Allgemeinen besser vertragen als Teezuberreitungen.

Zur Behandlung rezidivierender (wiederkehrender) Zystitidien hat sich das Trinken von Cranberry- oder Preiselbeersaft bewährt. Die im Saft enthaltenen Tannine verhindern ebenfalls die Adhäsion der Bakterien am Harnwegsepithel. Die Rezidivrate konnte unter dieser Behandlung auf unter 30 % gesenkt werden.

Wenn Sich mit diesen Mitteln kein ausreichender Therapieerfolg erzielen lässt, ist eine Antibiotikagabe unumgänglich. Allerdings wird heute eine drei Tage dauernde Behandlung als ausreichend angesehen; zum Teil werden auch Einmalgaben, sogenannte " single-shot", verordnet. Zu den "klassischen" Antibiotika bei Harnwegsinfekten gehören neben Nitrofurantoin vor allem die Kombination Trimerhoprim/Sulfamethoxazol (=Cotrimoxazol) und Breitbandantibiotika wie die Gyrase-Hemmer (z.B. Ciprofloxacin). Letztere werden vor allem bei resistenten Erregern eingesetzt.

Gehäufte Blasenentzündungen können auch Zeichen einer allgemeinen Abwehrschwäche sein. In diesen Fällen empfiehlt es sich, durch Medikamente die körpereigene Abwehr zu stärken und damit die Heilung zu beschleunigen und weiteren Infekten vorzubeugen. Auch die Gabe von Ascorbinsäure hat sich bei rezidivierenden Zystitiden als erfolgreich erwiesen.

Häufigste Ursache der Zystitis

Bakterien wandern in die Blase ein:

- durch falsche Analhygiene

- bei Scheidenentzündung oder Ausfluss

- nach dem Geschlechtsverkehr

Faktoren, die eine Infektion begünstigen:

- Unterkühlung, vor allem der Füße

- Harnstau, z.B. bei Nierensteinen, Prostatahypertrophie (Prostatavergrößerung), Schwangerschaft

- geschwächte Abwehrlage

Harninkontinenz (Unvermögen, Harn zurückzuhalten)

Obwohl mehr als vier Millionen Menschen- überwiegend Frauen- in Deutschland von einer Harninkontinenz betroffen sind, gehört sie nach wie vor zu den schwerwiegenden Leiden.

Schamgefühl und der Glaube, es gäbe keine wirksamen Behandlungsmöglichkeiten, lassen die Patienten oft jahrelang zögern, ehe sie Hilfe beim ihrem Arzt suchen. Zu Unrecht, denn es gibt immer mehr moderne Behandlungsverfahren, mit denen die Betroffenen die Kontrolle über ihre Blase wiedererlangen können.

Ursachen

Aufgrund der verschiedenen Ursachen werden in der internationalen Nomenklatur fünf Formen der Harninkontinenz unterschieden.

Einteilung der Harninkontinenz

Terminologie der International Incontinence Society

- Dranginkontinenz

- Stressinkontinenz

- Reflexinkontinenz

- Überlaufinkontinenz

- Extraurethrale Inkontinenz (Außerhalb der Harnröhre)

Die beiden häufigsten und wichtigsten Formen sind die Drang- und Stressinkontinenz. Normalerweise können sie anhand ihrer Leitsymptome und der anamnestischen Angaben des Patienten leicht diagnostiziert werden. Schwieriger wird es, wenn Mischformen auftreten; bei etwa 30 % der Inkontinenz-Patienten können Ursachen und Symptome beider Formen vorhanden sein.

Ursachen der Harninkontinenz

Die Ursache der Dranginkontinenz ist eine krankhafte Übereregbarkeit des Blasenmuskels. Das bedeutet, das die Blase bereits bei minimaler Harnmenge mit dem Signal des Harndrangs reagiert.

Normalerweise stellt sich der Drang, Wasser lassen zu müssen, erst bei etwa halbvoller Blase ein. Die Patienten verspüren viele Male am Tag einen plötzlich auftretenden, sehr starken Harndrang, bei dem auch unwillkürlich Urin abgehen kann. Die Ursache der Überregbarkeit sind vielfältig: Neben krankhaften Veränderungen im Bereich der Blase oder Harnröhre können chronische Harnwegsinfekte, Östrogenmangel oder neurologische Blasenerkrankungen der Auslöser sein.

Bei Frauen zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr sind häufig Dysfunktionen der Blasenmuskulatur, die durch Stress, nervöse Unruhe oder Erwartungsangst noch verstärkt werden, für die Blasenschwäche verantwortlich. Man spricht dann von einer Reizblase.

Der Stress- oder Belastungsinkontinenz liegt eine Insuffizienz des Blasenschließmuskels zugrunde. Sie wird durch eine Beckenbodenschwäche als Folge von Geburten, operativen Eingriffen oder Hormonmangel verursacht und ist überwiegend bei Frauen zu finden. Das Leitsymptom ist ein unfreiwilliger Urinabgang, sobald es durch körperliche Tätigkeiten wie Heben, Tragen, Husten oder Niesen zu einer Druckerhöhung im Bauchraum kommt.

Bei Männern kann eine unvollständige Blasenentleerung als Folge einer Prostatahypertrophie zu ständigem Harndrang und im Extremfall zu einer Überlaufinkontinenz führen.

Unter einer Refelxinkontinenz leiden Menschen, bei denen eine Unterbrechung der Nervenbahnen, z.B. durch eine Querschnittslähmung, zu einer Störung der Blasenfunktion geführt hat.

Therapeutische Möglichkeiten bei Harninkontinenz

Für die Behandlung der Harninkontinenz sind verschiede Fragen unentbehrlich:

1- Trinkgewohnheiten

2- Miktionsverhalten

3- Häufigkeit des Vorlagenwechsels

4- Harnverlust bei körperlicher Anstrengung

5- Vorangegangene Operationen

6- Anzahl der Entbindungen

7- Neurologische Erkrankungen ( M. Parkinson, Multiple Sklerose)

8- Medikamentenanamnese

Die verschiedenen Formen der Inkontinenz müssen ihren Ursachen und Symptomen entsprechend unterschiedlich behandelt werden.

Bei der Stressinkontinenz stellt sich das Beckenbodentraining die wichtigste konservative therapeutische Maßnahme dar. Wenn rechtzeitig damit begonnen wird, könne 50 bis 70% Heilung bzw. Besserung der Beschwerden erreicht werden.

Die Übungen werden unter krankengymnastischer Anleitung erlernt und später mehrmals täglich zu Hause durchgeführt. Die Verordnung von homöopathischen Arzneimitteln kann den Trainingserfolg unterstützen. Viele homöopathische Zubereitungen haben sich sowohl bei Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane (Sepia, Lilium tigrinum, Aletris) als auch des Stütz- und Bindegewebes (Silicium, Calcium fluoratum) Bewährt.

Bei Patientinnen, die Ihren Beckenboden nicht willkürlich anspannen können, sollte eine Elektrostimulationbehandlung vorgeschaltet werden, damit die Kontraktionsfähigkeit verbessert und die Muskulatur gestärkt werden kann. In bestimmten Situationen, z.B. beim Sport, können intravaginale (in der Scheide) Hilfsmittel, wie z.B. ein Urethrapresser oder ein Inkontinenztampon, die den Blasenhals stabilisieren, die Behandlung ergänzen. Über längere Zeit dürfen diese Hilfsmittel wegen Gefahr von Infektionen oder Ulzera jedoch nicht angewendet werden.

Erst wenn alle konservativen Therapie-Strategien erfolglos geblieben sind, sollten operative Verfahren zur Therapie der Stress-Inkontinenz eingesetzt werden. Dabei hat die Einführung von Polenebandschlingen /TVT-Verfahren) in den letzten Jahren alle früheren Operationsmethoden überrundet. Bei dieser minimalen invasiven (in ein Organ eingreifend) Operation wird ein Kunststoffband spannungsfrei hinter der Urethra (Harnröhre) platziert. Es wächst ohne Narbe in das umgebende Gewebe ein und stützt auf diese Weise Blasenhals und Harnröhre.

Die Behandlung der Dranginkontinenz ist immer noch eine Domäne der medikamentösen Therapie. In der Schulmedizin werden überwiegend Anticholinerghika verordnet, die die unwillkürlichen Kontraktionen der Blasenmuskulatur unterdrücken und die Blasenkapazität vergrößern sollen.

Diese Mittel haben jedoch aufgrund ihrer unangenehmen Nebenwirkungen (Müdigkeit, Mundtrockenheit, Akkomodationsstörungen (Reaktion der Pupillen)) vor allem bei älteren Patienten eine schlechte Compliance. Große Hoffnungen werden deshalb auf ein neues Präparat gesetzt, das noch in der Erprobung ist: Der selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer Duloxin soll über eine Hemmung des parasympathischen Nervensystems die Blasenentleerung normalisieren.

Als ganz neues Therapieprinzip gilt die Injektion des Botulinum-A-Toxins, das eine Beruhigung des Blasenmuskels herbeiführen soll. Allerdings kann es dadurch zu einer vorrübergehenden Akontraktibilität (kein Zusammenziehen) kommen, so dass der Patient die Blase mit Hilfe eines Katheters entleeren muss.

Sind die Inkontinenz- Beschwerden auf einen Hormonmangel in der Postmenopause zurückzuführen, sprechen sie besonders gut auf lokale Östrogen-Applikationen oder die Gabe von Naturmittel zur Regulierung des Hormonhaushaltes an.

Blasenentleerungsstörungen, deren Ursache chronische Harnwegsinfekte sind, müssen auf jeden Fall antibakteriell behandelt werden. Aufgrund seiner diuretischen (vermehrtes Wasserlassen) und antiseptischen Wirkung eignet sich hierzu ein Nieren-Blasen-Tee besonders gut.

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